Geburtskliniken im gesamten Bundesgebiet und auch in Sachsen-Anhalt verzeichnen rückläufige Geburtenzahlen. Seit Anfang April bis Ende Juni dieses Jahres macht das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale) mit einer stadtweiten Motivkampagne auf die Angebote für werdende Mütter und ihre Familien rund um die Geburt aufmerksam. Chefarzt Dr. Sven Seeger leitet am Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Sachsen-Anhalts größte Klinik für Geburtshilfe. Bürgermeister Egbert Geier hat den Blick auf die demografische Entwicklung und Halle (Saale) als familienfreundliche Stadt. Mit beiden sprach Jan-Stephan Schweda, Leiter Unternehmenskommunikation am Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara.
Herr Dr. Seeger, was möchten Sie mit der aktuellen Kampagne zum Ausdruck bringen?
Dr. Sven Seeger: Die Arbeit in der Geburtshilfe ist mit vielen Emotionen verbunden – glücklicherweise fast immer mit positiven. Die Motive, die wir derzeit an verschiedenen Stellen in unserer Stadt zeigen, sollen beim Betrachter genau diese positiven Gefühle hervorrufen. Insofern passt dieser Ansatz zu uns. Darüber hinaus wird jedes Motiv mit Informationen und Beiträgen rund um die Geburt in unserer Klinik ergänzt. Neben Geschichten in den Sozialen Medien haben wir auch einige Familien für kurze Beiträge und Reportagen gewinnen können. Rund drei Monate lang geben wir so einen Eindruck von den vielen Facetten unserer Tätigkeit und von unserem Anspruch an eine persönliche und sichere Geburt.
Herr Bürgermeister Geier, wie ist die Geburtshilfe an den halleschen Krankenhäusern aus Ihrer Sicht aufgestellt?
Egbert Geier: Man muss sich zunächst einmal die außergewöhnliche Bedeutung der Geburtskliniken vergegenwärtigen.
Auch in Halle (Saale) gibt es ja durchaus die Möglichkeit von außerklinischen Geburten, etwa daheim oder in einem Geburtshaus.
Die Zahl solcher Geburten liegt im Jahr aber gerade einmal im niedrigen zweistelligen Bereich. Damit beobachten wir bei uns in der Stadt dasselbe Phänomen wie in ganz Deutschland: Einerseits gibt es zwar bei werdenden Eltern einen steigenden Wunsch nach individuellen, hebammengeleiteten Geburten, dennoch entscheiden sich über 98 Prozent am Ende für eine Klinik als Geburtsort. Darin liegt durchaus eine Herausforderung. Und ich habe den Eindruck, dass sich unsere beiden halleschen Geburtskliniken, das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara sowie das Universitätsklinikum, ganz hervorragend darauf eingestellt haben. Nehmen Sie nur das Beispiel der Hebammenkreißsäle: In ganz Deutschland gibt es nur 20 davon – und wir in Halle haben zwei. Und: In ganz Deutschland gibt es nur einen einzigen zertifizierten Hebammenkreißsaal – und das ist der im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara.
Warum haben Sie sich gerade für diese Motive entschieden?
Dr. Sven Seeger: Die Motive und Begrifflichkeiten charakterisieren unsere Geburtshilfe und Frühgeborenenmedizin nach meinem Empfinden sehr treffend. Nehmen wir zum Beispiel „Sicherheit“ und „Erfahrung“: Am Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara haben wir das seinerzeit bundesweit erste nichtuniversitäre Perinatalzentrum Level 1 und das zum damaligen Zeitpunkt dritte Perinatalzentrum in Deutschland, welches sich einem anspruchsvollen Zertifizierungsprozess unterzogen hat. Der im Sommer 2019 eröffnete und nun vom Deutschen Hebammenverband zertifizierte Hebammenkreißsaal verfolgt ebenfalls unser Ziel einer besonders persönlichen, aber auch sicheren Geburt. Für eine gute natürliche Geburt sind Ruhe und Erfahrung unerlässlich. Konkret festmachen lässt sich das hohe Maß an Erfahrung in unseren Teams an der weit unterdurchschnittlichen Zahl von operativen Entbindungen und Interventionen in unserer Klinik. Alle werdenden Mütter und Väter sollten grundsätzlich die Qualität einer Klinik hinterfragen und sich bewusst für eine Einrichtung entscheiden, die nachweislich alle Faktoren berücksichtigt, die zu einer erfolgreichen und sicheren Geburt führen.
Machen Ihnen die rückläufigen Geburtenzahlen in der Stadt Halle und Land Sachsen-Anhalt Sorgen?
Egbert Geier: Rückläufige Geburtenzahlen sind ein Thema, das man politisch im Auge behalten muss. Die demografische Entwicklung trifft den ländlichen Raum zwar härter als die Städte. Doch dies bedeutet auf lange Sicht auch, dass die Oberzentren viele Aufgaben der Daseinsversorgung für den ländlichen Raum mit übernehmen müssen. Die medizinische Versorgung ist so ein Beispiel, das uns heute schon umtreibt. Die rückläufigen Geburtenzahlen bringen also Herausforderungen für die Zukunft mit sich und eine Kommune muss deshalb auch fortwährend die Infrastrukur an die tatsächlichen Bedarfe anpassen. Für die Stadt Halle (Saale) muss man aber auch festhalten, dass sich unsere Einwohnerzahlen stabilisiert haben bzw. dass in den letzten Jahren sogar eine leicht positive Entwicklung zu verzeichnen war. Es gibt also aus hallescher Sicht auch gute Gründe, mit Zuversicht nach vorn zu schauen.
Wie wirkt sich diese Situation auf die Klinik am EK aus?
Dr. Sven Seeger: Die demografische Entwicklung ist auch bei uns unmittelbar zu spüren. Angesichts der über Jahre hinweg gestiegenen Geburtenzahlen haben wir alle unsere Strukturen angepasst und teilweise erheblich erweitert. So stehen wir nun vor der komfortablen Situation, eine besonders großzügige personelle und räumliche Ausstattung anbieten zu können. Die werdenden Mütter profitieren von einer nahezu vollständig umsetzbaren 1:1-Betreuung. Auch dem Wunsch nach einem Familienzimmer – früher in Geburtskliniken häufig nicht erfüllbar – können wir heute im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara fast immer nachkommen.
Was macht die Stadt Halle (Saale) aus Ihrer Sicht besonders familienfreundlich? Egbert Geier: Da fallen mir eine ganze Reihe von Punkten ein. Der vielleicht wichtigste ist: Beim Thema Kinderbetreuung stehen wir im bundesweiten Vergleich hervorragend da. Familien können sicher sein, einen guten und bezahlbaren Kita-Platz zu erhalten. Und auch beim Thema schulische Bildung haben wir in den vergangenen Jahren unglaublich viel erreicht: Wir haben schon jetzt über 250 Millionen Euro in die Schulen der Stadt investiert und werden bis 2028 eine Summe von über einer halben Milliarde Euro erreichen – übrigens zum größten Teil aus städtischen Eigenmitteln. Ich weiß aus vielen Gesprächen mit Eltern, wie wichtig die Themen Kita- und Schulplätze als Standortfaktor für Familien sind. Die Stadt setzt deshalb bei Investitionen seit Jahren einen klaren familienpolitischen Schwerpunkt. Hinzu kommt, dass sich Halle auch wirtschaftlich in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt hat und immer mehr hochqualifizierte Arbeitsplätze entstanden sind. Auch das hilft der Stadt, für Familien attraktiv zu werden. Zudem will ich nicht unerwähnt lassen, dass wir ein enormes kulturelles und sportliches Angebot für die Freizeitgestaltung bieten. Kurzum: Ich bin überzeugt davon, dass die Stadt Familien ein sehr attraktives und familienfreundliches Lebensumfeld bietet.
Neben den hohen medizinischen Standards bewerben Sie am EK eine besondere Werteorientierung in Ihrer Klinik. Was meinen Sie damit?
Dr. Sven Seeger: Das Christliche Profil unseres Krankenhauses und die Patientennähe sollen auch in der Geburtshilfe erlebbar werden. Hierfür stehen die Begriffe „Verbundenheit“ und „Segensreich“ in unserer Motivreihe. Für uns bedeutet dies, dass neben der wissenschaftlich basierten Spitzenmedizin eines Perinatalzentrums immer die besondere Hinwendung zum Patienten, in unserem Fall zu den Müttern, den Kindern und den Familien, stehen muss. Als sichtbare Zeichen dieses „Mehrwerts“ laden wir die Familien zum Beispiel zu den „Himmelswünschen“, unserer täglichen Ballonaktion mit Wunschpostkarten, zum Pflanzen des Geburtenwaldes oder zur Neugeborenensegnung durch unsere Seelsorge ein.
Mit welchen Worten würden Sie Familien dazu ermutigen, ein (weiteres) Kind zu bekommen?
Egbert Geier: (lacht) Ich sehe schon die Schlagzeilen, wenn ich als – kinderloser – Bürgermeister die Hallenserinnen und Hallenser ermuntere, mehr Kinder in die Welt zu setzen. Im Ernst: Die Menschen brauchen keine Ermunterung von Politikern für ihre Familienplanung. Unsere Aufgabe ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sich Familien in unserer Stadt wohlfühlen und dass sie das Gefühl bekommen, dass ihre Kinder gut gefördert den Weg in ein selbstbestimmtes Leben finden. An diesen Rahmenbedingungen arbeitet die Stadt mit vielen Partnerinnen und Partnern fortwährend. Und wer über den Tellerrand einmal hinausblickt, sieht: Bei allem, was man immer verbessern kann, sind wir in Halle im Vergleich zu anderen Großstädten wirklich gut aufgestellt.
Dr. Sven Seeger: Wir sollten Probleme des Alltags – sei es eine politische Entwicklung oder eine zeitweise Situation in der Familie – nicht überbetonen. Stattdessen möchte ich Paare und junge Familien dazu ermutigen, Chancen zu entdecken und zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Natürlich bedeuten Kinder Verantwortung und ab und an auch mal Sorge. Für mich als zweifacher Vater sind sie aber ohne jeden Zweifel der größte und schönste Lebensinhalt.
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